Wie spricht Berchtesgaden?
Ein Citizen-Science-Projekt der Klasse 8a am Gymnasium Berchtesgaden

Welche Sprachen hört man im Klassenzimmer, auf dem Pausenhof oder im Ort? Welche Dialektwörter gehören zum Alltag – und welche sind vielleicht schon fast verschwunden? Die Klasse 8a des Gymnasiums Berchtesgaden ist diesen Fragen nachgegangen – im Unterricht, auf der Straße und im Gespräch mit echten Dialektkennern. Gemeinsam mit dem Verein Generationen Füreinander BGL e.V. (https://www.generationen-fuereinander-bgl.de/) haben wir im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts die sprachliche Vielfalt in Berchtesgaden erforscht – und welche Bedeutung der Dialekt heute noch für die Menschen hier hat. Das Besondere: Nicht nur wir Schüler forschen – auch viele Menschen aus der Region teilen ihr Wissen, ihre Erinnerungen und ihre Sprache mit uns.

Drei Perspektiven, ein Ziel: Sprache sichtbar machen
1. Sprachen an unserer Schule
Welche Muttersprachen, Familiensprachen oder Dialekte werden an unserer Schule gesprochen? Mithilfe einer anonymen Umfrage machen wir die sprachliche Vielfalt im Schulhaus sichtbar – zum Beispiel in Form von anschaulichen Diagrammen. Wissen wir, welche Sprachen gesprochen wird, können wir uns leichter beim Sprachenlernern unterstützen und finden einen Tandempartner.
2. Sprachlandschaften in Berchtesgaden
Mehrsprachige Plakate, Graffiti, Ladenbeschriftungen oder Wegweiser – wir dokumentieren Schrift und Sprache im öffentlichen Raum und untersuchen, wie sprachliche Vielfalt auch optisch im Ort sichtbar wird.
3. Berchtesgadenerisch – was ist das eigentlich?
Wir sprechen mit Dialektsprecherinnen und -sprechern aus verschiedenen Generationen. Welche Wörter sind typisch für die Region? Welche sprachlichen Eigenheiten gibt es? Was bedeutet es, Dialekt zu sprechen – damals und heute?
Sprache als Schatz der Region
Unser Ziel: Die Vielfalt an Sprachen und die Besonderheiten des Dialekts in Berchtesgaden sichtbar, hörbar und wertschätzend darzustellen. Denn Sprache ist mehr als Kommunikation – sie ist Ausdruck von Persönlichkeit, Vielfalt, Heimat, Geschichte und Identität.
Wir, die SchĂĽlerinnen und SchĂĽler der Klasse 8a, bedanken uns gemeinsam mit unserer Deutschlehrerin Lisa Soder herzlich bei allen, die unser Projekt mit ihrem Wissen, ihren Erinnerungen und ihrer Beteiligung unterstĂĽtzt haben.
So klingt unsere Schule – Ergebnisse der digitalen Umfrage
Unsere Schule ist mehrsprachig – und das auf zwei Arten!
Bei einer digitalen Umfrage an unserer Schule haben über 300 Personen mitgemacht, darunter viele Schüler, Lehrkräfte und andere wichtige Mitglieder unserer Schulgemeinschaft. Es ging um Mehrsprachigkeit, also darum, welche verschiedenen Sprachen wir sprechen, lernen oder zu Hause verwenden. Dabei unterscheidet man zwei Arten: die äußere und die innere Mehrsprachigkeit.
Teilnehmer der Umfrage
Verschiedene Fremdsprachen
Mehrsprachig aufgewachsen
Verwenden Dialekt im Alltag
Äußere Mehrsprachigkeit
Äußere Mehrsprachigkeit bedeutet, dass man mehrere verschiedene Sprachen spricht oder lernt – zum Beispiel Englisch, Französisch, Spanisch oder auch Türkisch, Kurdisch, Portugiesisch, Japanisch, Norwegisch und viele mehr.

Einige von uns wachsen mit zwei oder mehr Sprachen auf (18 %) und sprechen zu Hause eine andere Sprache als Deutsch (35 %). Insgesamt wurden in der Umfrage über 30 verschiedene Fremdsprachen genannt – ein echtes Zeichen für die sprachliche Vielfalt an unserer Schule.


Innere Mehrsprachigkeit
Innere Mehrsprachigkeit meint, dass man verschiedene Sprachformen (sog. Varietäten) innerhalb einer Sprache spricht – zum Beispiel Jugendsprache, Hochdeutsch und Bairisch. Unsere Umfrage hat ergeben: Viele verwenden im Alltag Dialekt (ca. 80 %), vor allem zu Hause oder beim Schreiben am Handy. Im Unterricht ist Dialekt dagegen seltener zu hören (55 %).

Die Umfrage hat auch gezeigt, dass über 60 % der Befragten schon erlebt haben, wie Menschen wegen ihrer Sprache anders behandelt wurden – zum Beispiel, weil sie Dialekt sprechen oder eine andere Herkunftssprache haben. Das zeigt, dass Sprache mit Wertschätzung und Respekt, aber umgekehrt auch mit Diskriminierung zu tun hat.

Lieblingswörter
Zum Schluss konnten alle noch ihr Lieblingswort angeben – und die Antworten waren so vielfältig wie die Sprachen selbst: Von „Danke" und „Oida" über „Radldruh" und „Lowkey" bis hin zu „catarata" (Spanisch für Wasserfall) oder „愛" (Chinesisch für Liebe). Man merkt: Sprache ist nicht nur ein Mittel zur Verständigung – sie zeigt auch, woher wir kommen, wie wir denken und was uns wichtig ist.

Unsere Umfrage macht deutlich, wie bunt und flexibel Sprache im Alltag ist – nicht nur durch viele verschiedene Fremdsprachen, sondern auch durch Dialekt, Hochdeutsch, Jugendsprache oder einfach durch den Wechsel je nach Situation. Wer daheim Bosnisch oder Bairisch spricht, im Unterricht Hochdeutsch und am Handy „lowkey" schreibt, ist in Wahrheit schon mehrsprachig – auch innerhalb des Deutschen. Diese sprachliche Vielfalt ist wertvoll: Sie verbindet, sie zeigt Persönlichkeit und sie gehört ganz selbstverständlich zu unserem Schulalltag dazu.
Was ist eigentlich Berchtesgadnerisch?
Dialekt zum Reinhören
Was ist eigentlich Berchtesgadnerisch? In Zusammenarbeit mit dem Verein Generationen Füreinander BGL e.V. haben wir echte Dialektkenner aus der Region interviewt. Herausgekommen sind viele persönliche, witzige, interessante und auch überraschende Geschichten – über Sprache, Identität und das Leben in Berchtesgaden. In kurzen Audio-Clips bekommst du einen echten Einblick.
Einfach reinklicken und zuhören! Dialekt lebt. Und verbindet Generationen.

Dauer: 2:15

Dauer: 1:45

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Dauer: 2:10

Dauer: 1:55

Dauer: 2:20

Dauer: 2:05

Dauer: 1:40
Gemeinsame Ansichten, spannende Erkenntnisse und auch Themen, bei denen die Meinungen auseinandergehen – das haben wir für euch hier zusammengefasst:
Dialektlandschaft in Berchtesgaden: einzigartig in ihrer Vielfalt
In Berchtesgaden und Umgebung ist Sprache mehr als nur ein Mittel zur Verständigung. Sie ist Ausdruck von Herkunft, Zugehörigkeit und Identität. Viele Interviewpartner erzählen, dass man oft schon am Dialekt hören kann, aus welchem Tal, welcher Ortschaft oder sogar aus welcher Familie jemand stammt. Diese feinen Unterschiede machen die Region sprachlich so besonders. Das Einzigartige liegt hier gerade in der Vielfalt: Jeder spricht ein bisschen anders, und genau das wird geschätzt.
Was Dialekt fĂĽr die Menschen bedeutet
Für viele Interviewpartner ist der Dialekt tief mit ihrem Leben verbunden. Er steht für Heimat, Alltag und ein Gefühl von Geborgenheit. Dialekt schafft Nähe, weckt Erinnerungen und erzählt Geschichten aus der Region. Manche verbinden damit auch Stolz, weil der Dialekt zeigt, wo man herkommt und was einen geprägt hat.
Wie stehen die Dialektsprecher zu Hochdeutsch?
Alle Interviewpartner sprechen sowohl Hochdeutsch als auch Dialekt fließend und wechseln ganz selbstverständlich zwischen beiden. Viele können sogar problemlos auf Fremdsprachen umsteigen, zum Beispiel wegen des Tourismus in der Region. Besonders wichtig ist ihnen dabei, sich auf ihr Gegenüber einzustellen – wer kein Dialekt versteht, dem spricht man eben Hochdeutsch zuliebe. Für sie steht nicht im Vordergrund, welche Sprache „richtiger" ist, sondern dass man sich versteht und aufeinander zugeht. Andrea O. bringt es auf den Punkt: „Sprache bedeutet für mich ein Miteinander." Trotzdem betonen alle, wie wichtig es ihnen ist, den Dialekt lebendig zu halten und an die nächsten Generationen weiterzugeben.
Freiheit für den Dialekt – aber mit Rücksicht
Viele Interviewpartner sind sich einig: Ein Verbot von Dialekt, zum Beispiel in der Schule, finden sie nicht richtig. Sprache soll frei sein, und jeder sollte so sprechen dürfen, wie er sich wohlfühlt. Trotzdem sagen alle auch: Verständigung ist am wichtigsten – und manchmal bedeutet das eben, sich sprachlich anzupassen.
Dialekt – einfach oder weniger wert? Von wegen!
Beim Thema Dialekt gehen die Meinungen auseinander. Bartl M. zum Beispiel meint, Dialekt sei nicht besonders „geistig hochstehend". Ganz anders sieht das Anita P.: Sie findet es falsch, Dialekt als „dumm" oder weniger wertvoll darzustellen. Andrea O. unterstützt sie dabei. Für sie ist Dialekt sogar ein Vorteil. Wer mit zwei Sprachwelten aufwächst – konnte sie beobachten – hat es später oft leichter beim Fremdsprachenlernen. Die Diskussion zeigt: Nicht alle bewerten Dialekt gleich – aber viele sehen darin weit mehr als nur Alltagssprache.
„Wäre Ihrer Meinung nach die Welt mit oder ohne Dialekt auf irgendeine Weise besser?"
„Das lässt sich schwer beurteilen. Wahrscheinlich würde man sich eventuell besser verstehen, was ich allerdings nicht glaube, denn die einzige Sprache, die man wirklich überall versteht, ist ein Lächeln." (Andrea O.)
Eine MUNDart, die geschrieben wird: Geht das?
„Dialekt ist keine Schriftsprache", meint ein Bartl M. und findet, dass „geschriebener Dialekt gekünstelt wirkt". Und tatsächlich: Auf Werbetafeln, Produkten oder auf einer Hochdeutsch-Bairisch-Wörterbuch-Schild wird Dialekt aktiv vermarktet: für Touristen, nicht für Einheimische, wie der Achtklässler Jonas K. anmerkt.

Spannend ist aber: Laut unserer Umfrage schreiben gerade jüngere Menschen durchaus im Dialekt, zum Beispiel in WhatsApp-Nachrichten. Lehrkräfte tun das seltener. Hier zeigt sich vielleicht ein Generationenunterschied.

Fest steht: Dialekt wird geschrieben. Und auch so kann er belebt und gelebt werden.
Dialekt zum Reinlesen
Wie gut ist deine Lesekompetenz? Kannst du Bairisch aus dem Berchtesgadener Land lesen – und auch verstehen? Wenn ja, wirst du spätestens nach dem Lesen wissen, was ein Rachguggerl ist.
Quizfrage: Was ist ein Rachguggerl?

Berchtesgadnerisch zum Mitsingen: Wandei-Lied
